Spielbericht: Der Killerinstinkt der Rostocker Jungs!

Moskitos Essen vs. Rostock Piranhas: 3:4 nach Penaltyschießen

Piranhas-Tore: Jakob, Dansereau, Siradze (Im Penaltyschießen: Kunz, Dansereau, Steinmann).

Highlights: https://www.thefan.fm/details/G0ITTwee/

——

»Der Schwarm«.

Eines der einprägsamsten Werke der Nullerjahre. Ein Jahrhundertwerk von Frank Schätzing.

Es geht um Würmer, Tsunamis, Orcas. Um Hummer, die explodieren und Menschen vergiften. Quasi um einen ganz normalen Tag in Schmal.

»Der Schwarm« ist wild. Spannend. Und voller Pointen. Also genau wie das gestrige Spiel der Rostock Piranhas bei den Moskitos Essen. Nur dass der Held im Lieblingsschwarm nicht Leon Anawak hieß, sondern Kilian Steinmann.

Über dieses Spiel könnte man wirklich einen halben Roman schreiben, also spulen wir ein bisschen vor:

  1. Spielminute: 0:1, Raul Jakob

Die ersten Sequenzen des Spiels gehörten den Moskitos. Aber dann, so nach etwa sechs, sieben Minuten, tauten die Piranhas aus der Iglo-Verpackung auf. Es entwickelte sich ein rassiges, ein umkämpftes Spiel. Die Piranhas kamen zu einigen guten Gelegenheiten und nutzten dieses Mal früh in der Partie eine aussichtsreiche Schussposition. Während Kilian Steinmann dem liegenden Essener Keeper eine Pilatesstunde auf dem Eis gab, schlenzte Raul Jakob den Puck ins lange wie verwaiste Eck.

  1. Spielminute: 0:2, Keegan Dansereau

Bereits nach wenigen Sekunden mit Mitteldrittel schossen die Piranhas aussichtsreich aufs Tor, doch Kucis hielt stark. Kurz darauf gab es für die Raubfische ein Powerplay. Normalerweise ein Moment, in dem die Rostocker Fans entweder den Tank entleeren können oder beten müssen, dass sich das Lieblingsteam keinen Shorthander rein dusselt. Dieses Mal verlief die Überzahl aber sehr prägnant. Emil Bejmo passte schön auf Keegan Dansereau, der in aller Ruhe die Klarinette ölen durfte. Das 2:0. Und das gar nicht so unverdient.

  1. Minute: 1:2, Enrico Saccomani

Hach, Saccomani. Das klingt ein bisschen wie eine Zabaglione-Creme, die man in Palermo im Mercato Brocca vom Löffel schlabbern kann. Tatsächlich schmeckte das Teufelszeug für die Piranhas eher wie ein Magenbitter.

Sekunden vor dem Ende des Mittelabschnitts kam Essen – sehr verdient – zum Anschluss. Zwar hatte Albrecht bis dato formidabel gehalten und auch das Aluminium wirkte für Rostock mit, aber irgendwann musste das Bollwerk reißen. Saccomani wirklich mit einem wunderschönen Schuss im Powerplay – unhaltbar.

  1. Minute: 2:2, Sandis Zolmanis

13 verdammte Sekunden waren gespielt, als der Puck aus dem Nichts ein zweites Mal im Rostocker Netz zappelte. Sandis Zolmanis haute einfach mal drauf, und schwupps war die Führung dahin. Zwei Gegentore in quasi 50 Sekunden – schmerzhafter gehts nicht.

  1. Minute: 2:3, Oskar Siradze

Es war nun Schlimmes zu befürchten. Essen schaltete richtig in den Blutsaugermodus, die Plagegeister machten Druck. Sie wollten, das spürte man, sofort das 3:2 nachlegen.

Doch dann kam Oskar. Herausragend von Marius Pöpel bedient zog er gegen mehrere Gegner ins Drittel, legte sich die Scheibe auf die Rückhand und bugsierte diese irgendwie ins Tor. Besser kann man auf ein Gegentor nicht reagieren! Genauso schön, dass der Jüngste im Team seine Cojones im Essener Drittel spazieren fuhr. Geiles Ding, Oskar!

  1. Minute: 3:3, Edmunds Augstkalns

Fast schon ein Klassiker. Die Piranhas bekamen eine Überzahl, in der Schlussphase, in Führung liegend.

Was passierte wohl? Das gleiche wie in Herne. Der Gegner wurde zum Konter eingeladen.

Krass aber auch, wie Augstkalns in Jesse-Ray-Dudas-Manier das Ding unter die Latte schraubte. Der Typ wirkte definitiv etwas wütend. Fast so, als hätte man ihm am Essener West-Bahnhof die Vokale aus dem Nachnahmen geklaubt.

  1. Die letzten Sekunden

Die Piranhas überstanden eine Unterzahl, warfen sich danach wieder wie die Irren in harte Schüsse. Dieser Einsatz wäre fast vergebens gewesen, denn Sekunden vor Ende bekamen die Raubfische die Scheibe dann doch nicht mehr geklärt. Essen mit dem Nachschuss, vielleicht zehn Sekunden vor dem Ende. Pfosten! Anschließend sprang der Puck sogar über die Kelle eines einschussbereiten Esseners, der ganz viel Tor, aber wenig Sebastian Albrecht vor sich hatte. Puh!

  1. Die Verlängerung

Die war kaum weniger rassig, begann aber sehr unschön. Raik Rennert bekam einen unnötig gefährlichen Check und musste vom Eis begleitet werden. Gute Besserung, Raik!

Danach hatten beide Teams Chancen, in Erinnerung blieb wieder ein Essener Konter. Die Piranhas hatten zuvor auf die Entscheidung gedrückt, waren ins Risiko gegangen. Das drohte sich nun zu rächen.

Essen konterte, 2 auf 1, scheiterte aber an Marius Pöpel, der den Querpass überragend verteidigte.

Penaltyschießen!

Was auch sonst. Zum vierten Mal in Folge. Hoffen wir für die Finanzen des REC, dass die Rostocker Jungs keine Spätschichtzuschläge bekommen.

Coach Lenny Soccio schickte die drei gleichen Spieler ins Rennen wie am Freitag gegen die Scorpions.

Keegan begann, wollte es easypeasy durch die Beine machen, aber Kucis hielt. Aber auch Albrecht parierte – 0:0.

Dann kam Kunz. Abgewichst tanzte er Kucis aus, der das ganze Schauspiel nur noch aus der Schildkrötenposition mitbekam. Und Albrecht? Der hielt!

Vorteil Rostock. Matchpuck Rostock.

Die Chance für Emil Bejmo. Der Schwede machte sich auf, wollte Kucis für Kuhn (Scorpions-Goalie), verkaufen, scheiterte aber mit seinem Move diesmal am Essener Goalie.

Und dann kam Saccomani, der den Rostockern ein zweites Mal richtig einen einschenkte. Sogar das Penaltyschießen musste in die Overtime.

Del Monte rückte für die ab sofort vorlegenden Essener ran und nagelte den Piranhas einen Pudding ins rechte Eck.

Matchpuck Moskitos.

Nun hieß es do or die. Treffen oder – zumindest für das Spiel – sterben.

Gut, dass es wohl einen Rostocker Spieler gibt, bei dem Frostschutzmittel durch die Adern strömt. Keegan kurvte zum Tor, wieder in aller Seelenruhe, und jazzte den Puck über den Beinschoner ins Netz. Ausgleich!

Dann durfte irgendwann wieder Rostock beginnen. Kilian Steinmann kam.

Wer?

Ein Kämpfer. Ein geiler Kapitän. Einer, der den Kopf runter nimmt, abschaltet und leidenschaftliches Eishockey spielt. Aber als Spieler-Typ für die rustikalen Tätigkeiten zuständig. Während Emil und Keegan mit ihrem Fingerspitzengefühl italienische Sakkos (ohne »mani«) schneidern könnten, ist Kilian eher der Typ, der irgendwo in Oberbayern einen Ochsen ausbeint.

Steinmann lief los. Ruhig, besonnen, und dann schon schoss er urplötzlich Bastian Kucis den Puck abgeklärt durch die Beine. Spitzbübisch gut.

Dass mit dem Ausbeinen darf man also getrost zurücknehmen.

Es folgte die gleiche Sachlage wie eben zuvor. Hält Albrecht, gewinnen die Piranhas. Dreht Del Monte noch so eine Nummer, gehts weiter.

Tat er nicht, er schoss drüber.

4:3 nach Penalty für die Piranhas. Gegen den Tabellenzweiten. Auswärts!

Wie geil ist das denn bitte?

Der Notizzettel:

Der Respekt für den Gegner: Essen hat eine feine Mannschaft beisammen. Kein Wunder, dass dieses Team schon die Scorpions deklassiert hat und erst am Freitag Herne sieben Dinger reindrücken konnte. Auch gegen die Piranhas brachte besonders die erste Reihe Chance um Chance zustande. Essen wird in den Playoffs einige große Abende erleben. Nach der vergangenen Seuchensaison ist das von Trainer und Team ein beachtlicher Auftritt. Hut ab!

Und die Piranhas? Erst mal den Tabellenführer und den Tabellenzweiten in hart umkämpften Eishockey-Spielen weggevoronofft. Ähm, bezwungen! Die Rostocker Jungs spielen wieder wie Rostocker Jungs, und das ist fantastisch!

Auch cool: Essen war richtig sackig, fuhr einige mächtige, mindestens aber einen uncoolen Check. Die Piranhas gingen den Favoriten permanent auf die Nerven, spielten unbequem und mit Mut. Wie kann man sich besser auf die Pre-Playoffs vorbereiten als mit Playoff-Eishockey?

Oskar Siradze und Raul Jakob trafen. Ein Grund für den Erfolg der vergangenen Spiele: Jeder leistet seinen Beitrag, und das ist großartig. Stolz!

Was »Erfolg« heißt? Die Piranhas haben in sieben der letzten acht Spiele gepunktet! Wahnsinn!

Auch gestern fiel es wieder schwer, einzelne Spieler herauszuheben. Die Rostocker standen füreinander ein. Erarbeiteten sich spielerisch gute Chancen. Das war eine bockstarke Mannschaftsleistung beim Favoriten!

Wir haben den 9. Tabellenplatz zumindest für die nächsten Tage eingesackt.

Der letzte Appell:

Diese Mannschaft verdient es gerade, der Schwarm dieser Stadt zu sein.

Schwarm im Sinne von: Die Rostockerinnen und Rostocker sollten dieses Team lieben.

Wie sich die Mannschaft nach neun!!! Niederlagen in Folge aus dem Sumpf gezogen hat, ist unfassbar. Mit welcher Leidenschaft dieses Team füreinander einsteht, ist nicht in jugendfreie Worte zu kleiden.

Die Rostock Piranhas bieten gerade sehr tolle Abende. Wer am Sonntag gegen Tilburg und am Donnerstag im zweiten Spiel der Pre-Playoffs nicht in der Schillingallee ist, darf sich seine Dusseligkeit offiziell bescheinigen lassen. Und ist ein mieser Verräter!

Am Sonntag also alle in die Halle: Für die Vielfalt der Sportkultur in unserer Stadt. Für eine Mannschaft, die sich für ihre Fans aufreibt. Für unsere Rostocker Jungs!

Hier gibt es Tickets: https://ticketing07.cld.ondemand.com/online/index.php3...

Gemeinsam #bissigfürrostock

 

Spielbericht: Der Killerinstinkt der Rostocker Jungs!

Zurück