Tilburg Trappers vs. Rostock Piranhas: 4:3
Tore für die Piranhas: 2 x Mieszkowski, Tousignant
Der Nachklapp:
So nah dran.
So verdammt nah dran.
So verdammt viel besser als damals.
Ein Rückblick in die vergangene Saison, das vorletzte Spiel vor der Amtsübernahme von Lenny Soccio. Der 13. Januar, ein arschkalter Freitagabend.
Nach acht Minuten und 26 Sekunden stand es 4:0 für Tilburg. Am Ende holten sich unsere Rostocker Jungs eine 2:8-Klatsche ab.
Chancenlos. In jeder Facette des Spiels. So, als ob die gemüsearmigen und hühnerbrüstigen Jungs von New Kids Turbo gegen Stallone und van Damme angetreten wären. Kein guter Abend für die eigene Kauleiste.
262 Tage später haben die Raubfische erneut in Tilburg verloren. Diesmal mit 3:4. Nach einem harten Kampf. Nach einer packenden Aufholjagd und wieder einem attraktiven Eishockeyspiel. Mit vielen Rostocker Jungs, die beim letzten Mal in Tilburg auch schon dabei waren.
Verdammt bitter, dass wir wieder auf der falschen Seite des Happy Ends standen.
Verdammt gut, dass diese Mannschaft das hält, was sie versprochen hat: Herz und Kampf bis zur letzten Sekunde.
Tilburg war gestern – so zeigen es die Statistiken – die bessere Mannschaft. Das erfahrene Team machte weniger Fehler, spielte flüssiger.
Aber all das kompensierten die Raubfische mit Rostocker Tugenden. Unbeugsam und unwillig, den Gegner davonlaufen zu lassen. Hinterher, unnachgiebig. Die ganze Zeit. Bissiger für Rostock kann man kaum sein.
Tilburg führte 2:0 und 3:1. Die Treffer fielen zu psychologisch günstigen Zeitpunkten. Im vergangenen Jahr wären die Piranhas daran zerbrochen.
In dieser Saison bleiben sie stabil. Es gibt dafür ein schönes Wort in der Fachsprache: Resilienz.
Die resilienten Raubfische kämpften sich zurück ins Spiel, mit dem Bass eines Hits von The Offspring. Nutzten Überzahlspiele diesmal konsequent. Vor allem: sie erzwangen Tore.
Wer die Spiele bisher beobachtet, kann eines bestätigen: Vom Glück wird das Rostocker Eishockey bislang eher selten geküsst.
Tore werden gegeben und wieder zurückgenommen.
Gegnerische Goalies zaubern. (Na gut, unsere auch)
Schon ein paar Mal klatschte unmittelbar vor dem Gegentreffer ein eigener Schuss an das Aluminium.
Nicht alles ist Pech, manches sicher Unvermögen, oft war der Gegner bisher cleverer.
Und gestern schoss Tilburg wunderschöne Tore. Das 4:3 allein war Kunst. Auch davor lieferten die Trappers Treffer, süß wie Erdbeer-Baiser.
Und die Piranhas?
Die knieten sich für jedes Tor ultimativ rein. Stochern, kämpfen, irgendwie in Position kommen.
Zeit für eine Eloge an Mike Mieszkowski. Der Dude brachte sich bei seinen beiden Treffern ideal in Position, bullte sich den Weg frei, war gedankenschnell.
Keine Tore, die es in die Hitparade schaffen. Aber eben Treffer, die nur ein verdammt guter Eishockey-Spieler erzielt.
In dieser Saison: typische Piranhas-Tore. Ein Resultat des Willens, der Lohn harter Arbeit.
Ein geniales Bild, wenn Mieszkowski jubelt. Die Arme albatrossbreit, der Kopf in den Nacken gelegt, ein Schrei. Erhaben wie Jeff Bridges in seiner Strickjacke an der Bowlingbahn. Ebenfalls offensiv stark: Dansy mit drei Vorlagen und Tousi, der sein vielleicht bestes Spiel im Piranhas-Hemd machte.
Die Spieler des Spiels:
Einzelne Jungs herausheben – eigentlich unfair.
Gestern rabaukte wieder jeder Piranha für seinen Nebenmann.
DiBi im Tor war großartig – famos, wie der Kerl hält, wenn er reinkommt.
Dann Nolan Renke. Normalerweise ungünstig, dass er eine fünf Minuten Strafe zieht, wo eigentlich gerade ein Tilburger für 300 Sekunden auf der Strafbank eingecheckt hat.
Aber dieses Team steht füreinander ein. Erst zog Nolan den Gegner das Trikot geübt aus, dann klack, klack, klack. Dass das Überzahlspiel hinüber war – bitter. Dafür ging danach ein Ruck durch dieses Team.
Nicht heute. Nicht schon wieder. Nolans Message kam an. Und wie.
Die erste Sturmreihe, DiBi, Nolan – aber auch alle anderen lieferten gestern ohne Starspieler Emil Bejmo eine kämpferisch tolle Leistung ab. Durch die Bank.
Noch ein Beispiel, weil die ausgestrahlte Ruhe mal wieder so laut war: Wären auf der Welt mehr Männer so gechillt und locker wie Jan Tramm, würden auf dem Planeten weniger Raketen herumschwirren. Ein Segen, so einen Typen auf der Rostocker Seite zu wissen.
Und schön, dass diese Mannschaft zu 100 Prozent aus Jungs besteht, die man gerne anfeuert.
Das Gefühl des Abends:
Dass diese Mannschaft noch viel mehr kann – eben weil sie charakterstark ist. Wenn auch wieder die leichten Tore gelingen, wenn das Selbstvertrauen selbstverständlich ist – dann kann dieses Team auch Gegner wie Tilburg schlagen.
Das (etwas andere) Statement:
„Das man in Tilburg fast etwas holt, und dass sich der Abend trotz guter Leistung gebraucht anfühlt, sagt sehr viel darüber aus, was unter Lenny bereits entstanden ist. Schon am Freitag kann man das Ende des Wochenendes kaum abwarten, weil man sich auf den Sonntagabend mit den Piranhas freut. Wenn die Jungs spielen, riecht es nach verbranntem Gummi, und das ist doch für Fans das wichtigste. Dass man das Gefühl hat: Ey, die reißen sich für mich als Fan den Allerwertesten auf. Und genau das tun sie.”
Ein Piranhas-Fan in einem Rostocker Lieblingsslokal mit dem besten Service – am Ende eines (zu langen) langen Abends.
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Der Ausblick: 993 Fans waren am vergangenen Freitag gegen Essen da. Ein herausragendes Spiel, ein stimmungsreicher Abend. Schaffen wir morgen gegen Hannover die 1.000?
Eure Rostocker Jungs hätten das absolut verdient:
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Text: Hannes Hilbrecht
Fotos: Bastian Horn