Die Piranhas des Rostocker Eishockey-Clubs beendeten die Hauptrunde der Oberliga Nord 2019/20 auf Platz neun. In den Pre-Playoffs schalteten sie die Füchse Duisburg aus. Damit standen sie im Playoff-Achtelfinale gegen die Eisbären Regensburg, doch es folgte wegen der Corona-Krise das abrupte Saisonende.

NNN-Mitarbeiter Arne Taron sprach mit REC-Präsident Mike Specht über die vergangene Saison und die aktuelle Lage.

Konnten Sie das plötzliche Saisonende mittlerweile einordnen und verdauen?

Ich denke, zumindest etwas. Aber es ist im Kopf schon weiter präsent. Letztlich muss man klar sagen, dass die Entscheidung in ihrer Konsequenz die einzig richtige war, erst recht, wenn man die Ereignisse jetzt so sieht.

Warum waren es Ihrer Meinung nach zuerst die Eishockey-Ligen, die drastische Maßnahmen – Saisonabbruch und Absage der Playoffs – ergriffen haben?

Im Eishockey war es zu diesem Zeitpunkt ja zumindest so, dass die jeweiligen Hauptrunden alle beendet waren. Da tut man sich leichter, als wenn man eine laufende Saison/Meisterschaft hätte abbrechen müssen. Der Eishockey-Sport in Deutschland musste in jedem Fall die ersten schmerzhaften und gravierenden Entscheidungen treffen – das hat er getan, und das war dann letztlich auch verantwortungsvoll.

Wie beurteilen Sie das sportliche Abschneiden des REC?

Nach der guten Saison davor war das Ziel für die Serie 2019/20 ganz klar, sich wieder für die Playoffs zu qualifizieren, gerne auch ohne die Pre-Playoffs. Das Ziel haben wir letztlich erreicht, auch wenn wir den Umweg über die Duelle mit Duisburg nehmen mussten.

Welche personellen Pläne gingen auf, welche eher nicht?

Sehr erfreulich waren für mich die Leistung und die Punkteausbeute von Tom Pauker. Auch Maurice Becker und Sebastian Brockelt nahmen gute Entwicklungen. In der Abwehr wollten wir stabiler auftreten und uns personell eigentlich auch besser aufstellen. Wir haben da zwar einiges versucht, so die Verpflichtung von Tyler Brower (bestritt nur sechs Spiele – d. Red.), doch da erfüllten sich einige Vorstellungen und Wünsche nicht. Zudem war die Verletzung von Marc Kohl im letzten Saisondrittel auch nicht gut für uns. Bei den Kontingentspielern mussten wir im Laufe des Jahres reagieren und holten mit Ned Lukacevic einen dritten dazu. Das war für Roman Tomanek wohl der Weckruf. Seine Formkurve ging wieder nach oben, ebenso die von Tomas Kurka.

Was wäre in den Duellen mit Süd-Meister Regensburg möglich gewesen?

Wir waren definitiv in einer starken Form und in einem guten Fitness-Zustand. Playoffs sind wie Pokalspiele – da ist viel möglich. Fest steht, wir waren in einem Form-Hoch und hätten es den sicherlich sehr starken Regensburgern auf jeden Fall in Spiel eins und zwei schwer gemacht – wie im Vorjahr gegen Meister Landshut.

Wie lief die Saison wirtschaftlich, und welche Rolle spielte dabei die Absage der Playoffs?

In der DEL (Deutsche Eishockey Liga – d. Red.) mit ihren Hallen für 17 000 Zuschauer fallen abgesagte Heimspiele natürlich sehr schwer ins Gewicht. Bei uns mit knapp 800 bis 1000 Besuchern ist das etwas zu vernachlässigen. Wenn man irgendetwas Positives an der Situation finden will: Für uns fallen Playoff-Auswärtsfahrt-Kosten weg, ein nicht zu unterschätzender Faktor, wenn man auf Gegnerschaft aus Bayern trifft. In der Saison insgesamt gesehen sind wir erneut unserer Maßgabe gefolgt, nur das auszugeben, was wir auch haben. Damit fuhren wir wieder gut und können einen ausgeglichenen Haushalt präsentieren.

Die aktuelle Lage ist schwer einzuschätzen, dennoch: Denken Sie, die Eishockey-Oberliga wird sich verändern? Werden alle Vereine durchkommen?

Es wird sich definitiv etwas ändern. Einige haben ja bereits Signale gesendet, dass sie Probleme haben. Da muss man schauen, wie es weitergeht. Fast alle Eishockey- Vereine sind auf die Leistungsfähigkeit ihrer Sponsoren angewiesen. Ich bin selber Unternehmer – es geht zuallererst um die Existenz der Firma und die Arbeitsplätze der Mitarbeiter, und dann irgendwann kommt der Etat zur Sponsorenleistung. Das muss man sich in diesen Zeiten auch leisten können.

Können Sie schon einen Ausblick in Sachen Liga und Kaderplanung geben?

Die Planungen für eine Oberliga-Saison 2020/21 laufen natürlich trotz aller Probleme und Unwägbarkeiten. Die Leistungsträger haben Angebote bekommen, und mit ihnen wurden Gespräche geführt. Ich denke, hier wird es aber erst im Juni/Juli etwas zu vermelden geben, dann haben wir voraussichtlich und hoffentlich etwas mehr Planungssicherheit. Für alle Beteiligten ist es aktuell eine mehr als schwere Situation. Ziel ist es jedoch und wird es bleiben, Oberliga-Eishockey in Rostock anzubieten.

Nach fünf Jahren als Präsident kündigten Sie an, sich nicht mehr zur Wahl stellen zu wollen – warum?

Ich hatte das ja schon auf der Mitgliederversammlung im Mai 2019 geäußert. Das Arbeitspensum bei den Piranhas war schon sehr hoch, und das war dann irgendwann mit meiner Tätigkeit in der Automobilbranche und meiner Verantwortung für über 90 Arbeitsplätze nicht mehr zu vereinbaren.

Wie geht es in dieser Angelegenheit weiter, gibt es potenzielle Nachfolger?

Wir werden nun erst einmal das Geschäftsjahr zum 30. April abschließen und dann die Mitgliederversammlung, die am 20. Mai stattfinden soll, abwarten. Potenzielle Nachfolger gibt es mittlerweile. Es wird sicherlich eine gute Lösung gefunden.

Was bleibt nach fünf Jahren an der Spitze des REC?

Ich war ja schon vor meiner Zeit als Präsident tief mit dem Verein verbunden. Es hat mich immer stolz gemacht, Präsident des REC zu sein, und mir über weite Strecken Spaß bereitet.

Bleiben Sie dem Verein erhalten, wenn ja, wie?

Wenn es gewollt ist, stehe ich natürlich zur Verfügung. Ich habe den Nachfolgern angeboten, beratend zur Seite zu stehen – oder eben auch nicht und mich herauszuhalten. Im Sponsoring-Bereich bleibe ich sicher dabei.

 

Ein Rückblick: Erstmals gegen die übermächtigen Trappers gewonnen

Es war eine denkwürdige Saison 2019/20 für die Piranhas des Rostocker Eishockey-Clubs.

Nachdem sie in der Hauptrunde der Oberliga Nord 2018/19 stolze 71 Punkte holten und in den Playoffs den späteren Meister und DEL2-Aufsteiger EV Landshut zumindest in zwei von drei Spielen ordentlich Paroli boten, lag die Messlatte für das Team von Trainer Christian Behncke recht hoch.

Mit Siegen gegen Neuling Krefeld (3:2), in Halle (4:2) und gegen Duisburg (4:3 nach Verlängerung) gelang ein starker Start. Danach gab es drei Niederlagen in Folge (bei den Hannover Indians 1:2 n. V., Hannover Scorpions 2:4, in Tilburg 5:9).

Auch wenn der REC zwischendurch immer wieder punktete wie beim 2:1 nach Penaltyschießen in Essen oder bei den Erfolgen über die Crocodiles Hamburg (5:3) und Erfurt (2:1), machten sich die langfristigen Ausfälle von Leistungsträgern wie Marvin Krüger und Viktor Beck sowie eine Unterbesetzung in der Abwehr (hier half Maurice Becker praktisch die gesamte Saison auf ungewohnter Position aus) bemerkbar.

Es folgten acht verlorene Spiele – eine Serie, die nur vom 4:3 in Erfurt unterbrochen wurde.

Die Verantwortlichen im Verein versuchten mit den Verpflichtungen von Christopher Stanley, dem dritten Kontingentspieler Nedeljko Lukacevic und Verteidiger Tim Junge (gleichzeitig mit Förderlizenz für die Eisbären Berlin Juniors im Einsatz) gegenzusteuern.

Mit einem 3:2 in Leipzig rissen die Rostocker das Steuer wieder herum. Das Team stabilisierte sich zunehmend, punktete regelmäßig. Die „Hausaufgaben“ gegen die Kellerkinder Krefeld (auswärts 8:3) und Erfurt (H 4:3 n.V., A 6:3) wurden recht souverän gelöst.

In die REC-Geschichte ging der 7. Februar 2020 ein, als die Piranhas beim 4:3 im Duell mit den Tilburg Trappers erstmals überhaupt gegen die übermächtigen Niederländer punkten konnten.

Zwei Tage später drehten sie bei den Hannover Scorpions einen 1:4-Rückstand noch in einen 7:5-Sieg.

Ebenso stark das Auftreten in Leipzig (3:0), als Keeper Jakub Urbisch seinen einzigen Shutout der Saison feierte.

Der REC war auf den Punkt in einer starken Pre-Playoff-Form – das bekam Gegner Füchse Duisburg zu spüren. Zwar gewann er den ersten Vergleich 3:2, doch Spiel zwei ging mit 4:3 an die Piranhas, und auch im entscheidenden dritten Duell behielten sie die Oberhand: Tomas Kurka traf in der Overtime zum 3:2 (65.).

Es war das letzte Tor der Saison 2019/20 im deutschen Profi-Eishockey…

Sechs Spieler waren jedesmal dabei

Die meisten Einsätze (inklusive Pre-Play-offs): Sebastian Brockelt 47, Josh Rabbani 47, Kevin Richter 47, Philipp Schneider 47, Jakub Urbisch 47, Jannik Weist 47, Jonas Gerstung 46, Tom Pauker 46, Maurice Becker 45, Werner Hartmann 45, Wladislaw Baumgardt 44, Tomas Kurka 43, Thomas Voronov 41

Die besten Scorer: Tom Pauker 57 Punkte (24 Tore/33 Vorlagen), Tomas Kurka 46 (18/28), Roman Tomanek 39 (18/21), Jonas Gerstung 37 (15/22), Josh Rabbani 36 (10/26), Constantin Koopmann 33 (15/18), Christopher Stanley 30 (10/20), Viktor Beck 24 (10/14), Maurice Becker 21 (3/18)

Autor: Arne Taron / NNN-Redaktion

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