Rostock Piranhas vs. Hammer Eisbären 6:5 (3:3 | 1:1 | 2:1)
Tore: 1:0 Wolter, 2:1 Nix, 3:1 Fraser, 4:3 Fraser, 5:5 Fleischmann, 6:5 Öhrvall
Schüsse: 36 zu 24
Zuschauer: 1.193 Rostockerinnen und Rostocker
Titel: Den Hammer Haufen beseitigt
Die Rostock Piranhas gewinnen ein dramatisches Spiel gegen das zwischendurch formstärkste Team der Liga. Dabei ist eine Sache fast noch wichtiger als das Ergebnis und die drei Punkte.
Text: Hannes Hilbrecht
Bilder: David Garbe
In der ersten Pause wusste man als Piranhas-Fan nicht wohin mit sich. 3:3 stand es nach turbulenten 20 Minuten. Wenige Sekunden vor dem Ende des Drittels hatten die Piranhas den Ausgleich fressen müssen. Minuten zuvor stand es noch 3:1 für die Raubfische.
Da kochte Euphorie im Blut, weil das Eishockeyspiel alles bot, was ein aus Fan-Sicht gutes Eishockeyspiel bieten muss. Da war aber auch Wut, Unverständnis, vielleicht am stärksten in den Labskausgefühlen vertreten: Angst.
Können sich die Jungs von diesem doppelten Auf-die-Fresse-Kriegen erholen?
Sie konnten.
Drittel 1:
Es ging berauschend los.
Nach sechs Minuten stocherte Jonas Wolter den Puck nach schöner Vorlage von Joey Luknowsky über die Linie. Sein erstes Tor in dieser Saison. Da fiel kein Stein vom Herzen, das war eher eine ganze Geröllladung.
Eine volle Ladung gaben sich danach auch die Kollegen Pontus Wernerson-Libäck und Kilian Steinmann. In einer kleinen Tanzsituation mit Fausteinlage konnte Klitschko-Kilian einen Jab platzieren, während der Schwede anschließend in den Ringkampf überging. Erziehung ist alles!
Kilian bekam eine Fünf-Minuten-Strafe, der Hammer Eisbär durfte sogar sieben Minuten aussetzen. Später kam noch der Zwillingsbruder auf die Strafbank dazu. Ein Familienfoto wurde aber nicht geschossen.
Problem für die Piranhas: Das Powerplay wurde nicht in ein Tor umgemünzt, stattdessen traf Dominik Lascheit im direkten Anschluss. Der Puck hoppelte irgendwie über die Linie.
Die Raubfische revanchierten sich danach mit einem Kunstschuss. Manuel Nix traf perfekt unter die Latte. Und wieder nur kurz darauf konnte Liam Fraser einen Abpraller ins Tor bugsieren. 3:1 für die Piranhas.
Die Erlösung nach drei unglücklichen Niederlagen?
Nun ja: Der Teufel kackt ja immer auf den größten Haufen, sagt der Volksmund, und dass Eisbären große Haufen legen könnten, sollte anatomisch nachvollziehbar sein. Glaubt man Chat-GPT, können die zwei Kilo auf einmal loswerden.
Gut, kleiner Insider, dass die Piranhas gestern einen Klempner als Fan gewannen.
Wie genau das Spiel kippte? Eher durch Zufall und Scheibenglück.
Jedenfalls konnte Sebastian Albrecht, der sich reckte und streckte, nicht den Puck unter sich begraben. Nach einer gefühlten Ewigkeit war der Puck dann im Tor. Leon Häring hatte sich noch mutig in den Schuss geworfen.
Und damit nicht genug: 3 Sekunden vor dem Ende des Drittels sprang der Puck erneut zugunsten der Hammer Eisbären. Erst, indem sie irgendwie den Pass auf Goldhelm Lascheit brachten. Dann, weil Connor Hannon den Puck ins eigene Tor abfälschte. Hamm machte aus acht Schüssen drei richtig eklige Tore. Aber, Dickie: Das nennt man Qualität!
Drittel 2:
Die Ansage der Schiedsrichter, die separat pädagogische Maßnahmen bei Wernerson-Libäck und Kilian Steinmann bemüht hatten, half nur so semi. Es wurde auf dem Eis hart gekämpft, nicht mit Fäusten, aber mit Schlägern, und Händen, und vielleicht auch Füßen. Es war ruppig. Zahnärzte waren aber nicht mehr gefragt.
Stattdessen atmete das Spiel etwas durch – bis auch die Piranhas ihr hässliches Tor bekamen. Einen Schuss von Connor Hannon ließ der gegnerische Goalie durchrutschen. Liam Fraser verwandelte sicher.
Als es schien, als könnten die Piranhas am 5:3 rummachen, kassierte Kilian Steinmann eine 2+2 Strafe. Die ersten zwei Minuten überlebten die Piranhas. Dann war es Ugnius Cizas (klingt wie ein Mittel für Magenkoliken), der eine Passstafette einschweißte.
Der nächste Rückschlag. 4:4. Wieder durchatmen.
Drittel 3:
Der Start war aus Piranhas-Sicht richtig Ballaballa. Denn: Gianluca Balla traf. Der ehemalige Raubfisch staubte zum 4:5 ab. Die erste Führung für Hamm. Und richtig einer auf den Latz für die Piranhas. Stille in der Halle. Angst und Zweifel im Kopf. War es das – schon wieder?
Dann kam Leon Häring. Der schussgewaltige Dude mit der Nummer 53 wurde erst geblockt, dann schoss er eben noch mal. Der Torwart hielt – aber Ilja Fleischmann arbeitete nach. Das 5:5.
Wieder Leben in der Halle.
Nur etwas mehr als eine Minute später spielte der Hammer Goalie erneut »Der Puck ist Lava« und ließ Jesper Öhrvall nachlegen. 6:5.
Interimsstadionsprecher Oliver Schubert fackelte Siegtor verbal ab, sogar Hansa-Vorstände huldigten den Piranhas aus der Loge. Wie viele Chancen und Torschreie in 60 Minuten Spielzeit passen – irre.
Der Rest? Purer Kampf. Hamm drückte, die Piranhas konterten. Einmal fehlten nur Zentimeter zum 7:5. Auch wenn das nicht fiel – die Raubfische überstanden dank Albrecht-Paraden das letzte Anrennen der Hammer Eisbären.
Der Respekt vor dem Gegner:
Dominik Lascheit ist nicht umsonst der deutsche Überspieler in der Oberliga Nord. Interessant dabei: Man sah ihn nicht immer, aber wenn man ihn sah, stand er gut positioniert da. Er mogelte sich immer wieder in die Speisekammer des Piranhas-Drittels – und konnte sich zweimal an eingeweckten Birnen laben. Starker Spieler. Darf man loben.
Was den Sieg besonders machte:
Die Piranhas bekamen gleich drei schwere Hiebe verpasst. Das 3:3 nach eigentlich solider 3:1-Führung mit dem »fast Ablaufen« der Spieluhr. Das 4:4 nach einer umstrittenen 2+2-Strafe. Und dann das 4:5 im Schlussdrittel.
Nach jedem Rückschlag kamen die Piranhas aber zurück. Das spricht für das Wichtigste im Sport: Moral.
Wer fiel auf:
Connor Hannon war an (mindestens) drei Toren beteiligt, wobei das 2:0 von Filip Stopinski und nicht von ihm vorbereitet wurde. Connor ging voran, checkte, kniete sich rein, war erneut Anker des Teams.
Liam Fraser kreierte extrem viele Chancen, zwei davon nutzte er selbst.
Und Filip Stopinski, der manchmal etwas untergeht, war an den brutal wichtigen Toren zum 2:1 und 6:5 beteiligt. Auch sonst rieb sich der Deutsch-Pole auf.
Insgesamt sah man Piranhas, denen nicht alles gelang. Aber die kämpferisch alles auf dem Eis ließen. Und: Die das wohl formstärkste Team der Liga in der Summe verdient schlugen.
Zahl des Spiels: 16,6 Prozent. Das war die Schussquote der Piranhas. Endlich zweistellig!
Die etwas andere Statistik:
Ein Fan trug während des Spiels einen Brustgurt von Garmin. Die Werte:
Durchschnittspuls: 110
Verbrannte Kalorien in zweieinhalb Stunden beste Hockey-Unterhaltung: 1.200
Erwarteter Schweißverlust: 1,7 Liter.
Merke: Wer zu den Rostock Piranhas geht, der tut was für seine Figur.
Die unbemerkte Szene des Spiels:
Nach dem – aufgrund des Zusammenkommens bitteren – 2:3 drosch ein Piranhas-Spieler den Puck etwas patzig ins Weite. Dabei traf er leider den Fuß eines Unparteiischen. Knifflige Situation. Zwar vollkommen unabsichtlich, aber auch eine kleine Undiszipliniertheit. Der Schiri reagierte darauf sehr, sehr erwachsen und besonnen. Er nahm die sofortige Entschuldigung an, machte kein Drama draus, zeigte sich milde. Muss man auch mal anerkennen!
Wie geht es weiter:
Man kann über Fehlpässe streiten, mit Szenen hadern. Oder sagen: Das war ein verdammt gutes, weil sehr aufregendes Eishockey-Spiel. Die Raubfische, die heute noch mal um 7:45 Uhr trainierten, gehen jetzt in den Kurzurlaub. Den Kopf freimachen, durchlüften, die teilweise angeschlagenen Beine richten. Und dann mit Volldampf weitermachen. Am 16.11. gegen die Hannover Indians.
Wir sehen uns.
Hinweise in eigener Sache:
Die Versteigerung der Pinktober-Trikots findet ihr hier: TRIKOVERSTEIGERUNG
Die nächste JAHRESHAUPTVERSAMMLUNG findet am 13. November 2025 im LT-Club statt.