Ergebnis: 8:5 (3:1, 4:1, 1:3)
Die Torschützen: Häring, Pohl, Öhrvall (3x), Fleischmann, Schaludek, Kalns
Zuschauerzahl: 1.195
Die Spielzusammenfassung:
43 Sekunden, dann schon zappelte der Puck im Netz von Sebastian Albrecht. Ein Wernerson-Libäck, wer sonst, hatte eiskalt verwandelt.
Schlimmer kann ein Eishockeyspiel gar nicht beginnen. Voll eins in die Fresse. Und das nach 12 Tagen Pause. Wo doch der Piranhas-Blues nach Kurzurlauben in Insiderkreisen eine legendäre Bekanntheit genießt.
Doch dieses Mal war die innere Stimmung irgendwie eine andere. Das war eher so eine »Das ist jetzt gar nicht so schlimm, wir haben noch 59 Minuten Zeit Stimmung.«
Krass, wie ein Monat mit tollem Rostocker Eishockey Selbstsicherheit stiften kann. Oder um den Titel des neuesten Joachim-Meyerhoff-Roman (eine Lesefreude!) zu zitieren: »Man kann auch in die Höhe fallen.«
Die Piranhas fielen nicht, sie begannen zu fliegen, und zwar ziemlich hoch.
Denn keine drei Minuten nach dem Gegentor kurvte Ilja Fleischmann durchs gegnerische Drittel. Elegant und mit der Ruhe eines Greifvogels. Er beäugte die Situation, gierte und spähte nach der Maus, und passte dann auf Leon Häring. Der feiste Schweinfurter reagierte auf Fleischmanns Eleganz wiederum mit barscher Gewalt. Einmal ausgeholt, torpedierte er den Puck aufs Tor. Der Schuss des langen Häring schlug tatsächlich derb im Netz ein. Der Ausgleich. Mehr noch: der Dosenöffner für die Piranhas.
Nicht mal zehn Minuten waren gespielt, als Patrick Pohl am Bully-Punkt mit dem Schiedsrichter diskutierte. Der Ruhe-Pohl wirkte sichtbar angefressen. Wie schnell sich eine Stimmung drehen kann! Denn nach ein paar Windungen des Pucks bekam Pohl sekundenspäter die Scheibe auf den Schläger. Er musste sie nur noch ins leere Tor bugsieren. Wahrscheinlich der leichteste Treffer seiner Karriere. Der Unparteiische im Zebrahemd konnte jedenfalls nicht meckern.
Den Schlusspunkt eines wilden ersten Drittels setzte der derzeit wohl beste Stürmer der Oberliga Nord – Hans Jesper Öhrvall. Ein ziemlich unangenehmer Puck versprang Matthias Bittner vor dem Gästetor so ungünstig, sodass Öhrvall nur noch einschieben musste. Drei zwar erzwungene, aber auch etwas ulkige Tore. Den Piranhas-Fans durfte das Wernerson-Egal sein.
Die Piranhas begannen der Mittelabschnitt mit einem doppelten Erfolgserlebnis. Zunächst wurden fast zwei Minuten Unterzahl abreibungslos überstanden. Dann stand Connor Hannon mit dem Puck an der blauen Linie. Und wie wohl alle Piranhas-Fans mittlerweile wissen: Steht der Top-Verteidiger dort mit der Scheibe am Schläger, geschehen gute Dinge. So auch jetzt: Ilja Fleischmann (23. Spielminute) fälschte einen perfekt temperierten Schuss ab. Erneut bitter für Bittner.
Das Problem aus Rostocker Sicht? Die Wernerson-Zwillinge. Die bereiteten keine zwei Minuten später brüderlich das 2:4 von Michael Fomin vor. Darf man loben! Die Vorarbeit auf den langen Pfosten war ziemlich Zucker.
Zum Glück klafft beim Rostocker Urvertrauen nicht mehr »ach, diese entsetzliche Lücke«. War das zweite Drittel früher die kollektive Darmspiegelung für die Heimfans in der Schillingallee, reißen die Raubfische im Mittelabschnitt nun regelmäßig Spiele an sich. So auch gestern Abend.
Hans Jesper Töhrvall knipste zunächst in der 29. Spielminute die Drei-Punkte-Führung wieder an. Gerade, als sich das Spiel etwas beruhigte, vollende Max Schaludek eine tolle Kombination. 34 Minuten waren gespielt, und die Piranhas lagen 6:2 vorne. Kein Wunder, dass es in der Schillingallee laut wie lange nicht wurde. Und die Heimmannschaft hatte auch kein Interesse daran, das Publikum zu beruhigen.
Erneut war es der fidele Schwede Öhrvall, der das Drittel mit einem Hattrick krönte. Das 7:2 zu Beginn der 39. Spielminute. Der Wahnsinn! Oder, passend zur Herkunft der Duisburger: Schicht im Schacht!
Das letzte Drittel in einem früh entschiedenen Eishockey-Spiel wurde dann tatsächlich etwas ruhiger. Die Piranhas spielten weiter nach vorne – aber ohne das ganz große Risiko. Hakelig wurde es, als der Dreifache-Torschütze Jesper Öhrvall das dritte Mal in die Kühlbox musste. Dieses Mal sogar für maximal vier Minuten nach einer 2+2 Strafe.
Vielleicht sollte man dem Schweden schon mal einen BLANDSKOG-Wandteppich an die Wand nageln. Für etwas mehr Hygge auf der Strafbank. Das Problem aus Rostocker Sicht? Bereits nach drei Minuten durfte Öhrvall gehen – im sechsten Powerplay gelang den Füchsen folglich das erste Überzahltor des Abends.
Als vier Minuten später Niclas Focks in der 55. Minute zum 4:7 verkürzte, wurde es doch ein bisschen flau in der Magengegend. Gut, dass Egils Kalns kurz darauf ins leere Tor schoss. Das 5:8 eine Minute vor dem Ende war nichts mehr als Ergebniskosmetik. Dennoch dürfte Sebastian Albrecht gedacht haben: Mensch, war das unnötig!
Der Respekt vor dem Gegner:
Trotz deutlich weniger eigener Strafen und zahlreichen Powerplays waren die Füchse am Ende klar unterlegen. Was aber Eindruck machte: die beachtliche Moral der Gäste. Die Füchse gaben sich nie auf und kämpften sich zumindest marginal heran. Dazu sind die Wernerson-Libäcks eine Attraktion der Liga. Zumindest zeitweise machten sie die Rostocker Eishalle zur Zwillingallee. Und: Auch wenn Mathias Bittner im Füchse-Tor einen ungünstigen Abend erlebte, sah man in anderen Situationen das unfassbare Talent des Goalies. Kopf hoch!
Notizen:
Neben Öhrvall (4 Scorer) sowie Hannon, Fleischmann und Kalns (jeweils 3 Scorer) konnten sich noch sieben weitere Piranhas im Spielbericht mit Torbeteiligungen eintragen. Stark!
Aus den vergangenen 17 Powerplay haben die Piranhas neun Tore gemacht. Eine Quote von mehr als 50 Prozent! Man traut sich das kaum zu schreiben, aber die Piranhas haben mittlerweile eines der effizientesten Überzahlspiele der Liga.
Auch in Sachen Heimstärke läuft es alles andere als fischig. In den vergangenen sechs Partien wurden 16 von 18 Punkte geholt.
Stark die Geste vor dem Spiel, als die Rostocker Jungs die Trikots von Emil Bejmo, Mike Mieszkowski und Marius Pöpel an der Spielerbank aufhängten. Zusammenstehen für die Langzeitverletzten!
Die Piranhas belegen momentan den 6. Rang – und sind damit voll im Rennen um die direkten Playoff-Plätze. Trotz eines offenen Nachholspiels (Termin ist im Februar).
Ach ja, nicht nur die Gäste bekamen die Hütte voll, auch den Piranhas gelang das bei der Zuschauerzahl. Danke, danke, Dankeschön an 1.200 Rostockerinnen und Rostocker!
Die Stimmung:
Auch aufgrund lauter Kehler aus Berlin war es richtig, richtig laut in der Halle. Man darf es siegestrunken in die Welt blöken: Das war ein geiler Sportabend in unserer bezaubernden Hansestadt.
Tickets für nächsten Freitag gibt es übrigens hier! https://ticketing07.cld.ondemand.com/online/index.php3...
Gemeinsam #bissigfürrostock