Spielbericht: Schön, wie sehr sie sich freuen!

Herner EV Miners vs. Rostock Piranhas: 5:4 nach Penalty-Schießen

Tore Piranhas: Bloem, Tousignant, Mieszkowski, Dansereau

Die Highlights: https://www.thefan.fm/details/s95aXezr/

Ticket für das Freitagsspiel gegen die Hannover Indians: https://ticketing07.cld.ondemand.com/online/index.php3...

Vorab:

Schön, wie sehr sich ein Gegner freuen kann, wenn er gegen die Rostock Piranhas gewinnt.

Okay, der Satz ist schräg.

Was wir mit ihm meinen: In den vergangenen Jahren schien es oft so, als ob bei den Gegnern ein Sieg gegen die Piranhas fest eingeplant ist. Wir waren so was wie der Aufbaugegner Ost für einige Liga-Rivalen.

Schlimmer noch: Manchmal wirkte es, als ob sich die Gegner gar nicht besonders freuten, wenn sie uns bezwangen oder aus der Halle schossen. Business as usual.

Gestern Abend in Herne war der Vibe ein ganz anderer. Die Heimfans kochten in der Halle emotional über, so klang es zumindest über den charmant kommentierten Livestream. Dazu verkündete der verdiente Sieger via Social Media stolz, die Serie der Piranhas gebrochen zu haben.

Ein Sieg gegen die Piranhas bedeutet den Gegnern wieder etwas, und das ist nach all dem Tohuwabohu der vergangenen Jahre eine verdammt gute Nachricht.

(Zum Glück ist das mit der Serie eine Ansichtssache – dazu aber später mehr.)

Der Gegner:

Wer unsere Spielberichte kennt, weiß, dass sie meistens unterhaltsam, aber immer respektvoll sein sollen. Und deshalb gehört auch eine faire Gratulation an den Sieger dazu. Was dezimierte Herner gestern auf dem Eis darboten, war absolut beeindruckend.

In jedes Bully stürzten sich die Gastgeber mit Leidenschaft. Jeder Zweikampf wurde hart geführt. Wie Kletten klebten sie an unseren Spielern. Das Forechecking war krass und erwischte die Piranhas immer wieder auf dem falschen Schlittschuh. Dazu lief der Puck sehr flüssig. Es hätte nach 40 Minuten auch locker 4:1 oder 5:2 statt 3:1 stehen können.

Ebenso beeindruckend war die Resilienz der Herner:

Das 0:1 nach wenigen Sekunden? Überwunden.

Der Ausgleich zum 3:3? Überwunden.

Das 4:4 wenige Sekunde nach der vermeintlich siegbringenden Führung? Überwunden.

Das Penalty-Schießen? Eiskalt für sich entschieden.

Das war kämpferisch, spielerisch und mental ein starker Auftritt der Heimmannschaft. In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch nach Herne!

Die Rostocker Jungs:

Puh!

Es war gestern über weite Strecken die vielleicht magerste Saisonleistung der Raubfische. So gehaltvoll wie Pommes Schranke ohne Fritten, Mayonnaise und Ketchup.

Zwar gelang mit dem ersten Angriff die Führung, danach kam aber nicht mehr viel. Fast schien es so, dass das Powerplay – eigentlich die perfekte Chance auf das 2:0 – den Rostockern den Stecker zog.

Im zweiten Drittel – zuletzt eine Stärke – knickten die Raubfische dann vollends ein.

Kaum ein Bully wurde gewonnen. Immer wieder brachten kleine Flüchtigkeitsfehler die Herner in aussichtsreiche Position. Und auch die zuletzt so robuste Verteidigung ließ einen gut aufgelegten Sebastian Albrecht zu oft alleine. Das 2:1 resultierte aus einem Konter, das 3:1 war das Resultat einer Druckphase, aus der sich die Piranhas nicht befreien konnten. Ja, dem einen oder anderen Fan hat der ungewohnte Anblick einer enttäuschenden Mannschaft sicherlich ein paar Magen-Probleme beschert.

1:3 hinten nach 40 Minuten. Überwältigt vom Herner Sportsgeist. Klar unterlegen.

Irgendwie schien der Abend gelaufen.

Wie dumm, so zu denken.

Es sind ja schließlich unsere Rostocker Jungs.

Lenny Soccio stellte für die letzten 20 Minuten die Reihen um, und sofort war ein anderer Fluss im Spiel. Die Piranhas erspielten sich nun Chance an Chance, auch ein erfolgloses, aber dafür sehr sehenswertes Powerplay brachten sie zustande. Dann schoss Keegan Dansereau eine Scheibe neben das Tor, die Mathieu Tousignant herausragend in die Maschen lenkte. Keine vier Minuten nach dem Anschluss glich Mike Mieszkowski mit einem famosen Schuss zum 3:3 aus. Christian Paul-Mercier, der in die Reihe um Big Mike und Emil Bejmo aufgerückt war, hatte das Tor mit viel Kampfgeist initiiert.

Beeindruckend war auch die Moral der Piranhas, als sie nach einem Totensonntagsschuss der Herner noch mal in Rückstand gerieten. Nur 32 Sekunden nach dem 3:4 glich Keegan Dansereau mit ganz viel Geduld aus. Vorbereitet wurde der Treffer durch eine Energieleistung von Marius Pöpel, der bei diesem Treffer gleich zweimal vor Freude die Arme hochriss (siehe Highlights).

In der Verlängerung hatte Herne einen herausragenden Konter, den Sebastian Albrecht famos hielt. Ansonsten waren die Rostocker mehr im Scheibenbesitz und eigentlich näher an der Entscheidung dran. Leider flog nicht der Puck, sondern nur ein Piranhas-Spieler ins gegnerische Netz.

Über das Penalty-Schießen ist alles gesagt.

Am Ende bleibt eines festzuhalten: Wer sich an einem Scheißtag so zurück kämpft, wer nicht aufgibt, auch wenn kollektiv wenig läuft, hat sich einen Zähler in der Fremde mehr als verdient. Punkt.

Der Notizzettel:

Die Piranhas haben die große Serie, die es zu verteidigen galt, erfolgreich beschützt. Gegen den Herner EV holten die Raubfische zum zehnten Mal in Folge mindestens einen Zähler. Insgesamt gewannen die Piranhas in dieser Zeitspanne acht Partien und sackten 22 von 30 Punkten ein. Fantastisch, Jungs!

Wenn selbst an einem gebrauchten Tag gegen einen aufopferungsvoll kämpfenden Gegner mit starken Spielern noch ein Punkt erbeutet wird, dann ist das ein weiteres Qualitätsmerkmal für diese Mannschaft. Vor allem für den Charakter der Rostocker Jungs. Toll auch, mit welcher Selbstverständlichkeit und welchem Selbstvertrauen die Piranhas im dritten Drittel spielten. Da steckt noch einiges mehr im Team.

Lenny Soccio war am Punktgewinn mehrfach beteiligt. Früh nahm er die Auszeit, um ein endgültiges Umkippen der Mannschaft nach dem zwischenzeitlichen 1:3 zu verhindern. Anschließend stellte er die Reihen so um, dass die ersten beiden Formationen sofort druckvoller stürmten.

Sebastian Albrecht hatte gestern ein paar fantastische Saves und schien andererseits bei jedem Tor chancenlos. Überragend vor allem, wie er das potenzielle 2:4 bei einer seltenen Herner Chance nach der 40. Spielminute verhinderte.

Durch die gleichzeitige Niederlage der Füchse Duisburg konnten die Raubfische den Vorsprung auf den ersten Nicht-Pre-Playoff-Platz auf 17 Punkte ausbauen. Auch hier: Wer das vor der Saison prophezeit hat, darf gern mal für den REC einen Lottoschein ausfüllen.

Bei Thomas Voronov hat sich die erste Befürchtung eines Kieferbruchs zum Glück nicht bestätigt.

Wie es weitergeht:

Am Freitag wird es brisant in der Schillingallee! Der Tabellensechste empfängt den Fünften aus Hannover. Das epische 3:2 gegen die Indians entpuppte sich später als der Auftakt der aktuellen Piranhas-Serie. Der nächste Gegner hat sich gestern übrigens schon mal warmgeschossen und Herford mit 11:4 aus dem Eisstadion am Pferdeturm gewischt.

Wir brauchen am Freitag jeden Fan in der Schillingallee!

Gemeinsam #bissigfürRostock.

Text: Hannes Hilbrecht

Foto: Bastian Horn

 

Spielbericht: Schön, wie sehr sie sich freuen!

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