Rostock Piranhas vs. Hannover Scorpions: 2:6
Piranhas-Tore: Dansereau, Christian Paul-Mercier
Zuschauerzahl: 970
Das Spiel:
Es gibt bei Partien gegen Top-Teams wie den Hannover Scorpions zwei Regeln, wenn man punkten möchte:
Und eigentlich noch eine dritte: Dass die Unparteiischen in 50/50-Aktionen es gut mit einem meinen.
Gestern verloren die Piranhas gegen die Hannover Scorpions zu deutlich, weil das mit den beiden ersten Regeln nicht ganz hinhauen wollte.
Das 1. Drittel:
Die Scorpions kamen druckvoll ins Spiel. Dazu verteidigten sie extrem hoch, machten es den Piranhas schwer, in Schwung zu kommen.
Wenn die Raubfische diesen offensiven Verteidigungswall überwinden konnten, wurde es jedoch stets gefährlich. Beim Stand von 0:0 boten sich dem REC immerhin drei exzellente Führungschancen. Einmal kam der entscheidende Querpass vor dem Tor nicht an. Kurz darauf hielt Kuhn gleich doppelt grandios. Und dann zerschellte noch ein abgefälschter Abschluss von Mieszkowski an der Latte.
Ja, die Scorpions waren in den ersten Minuten dominanter, druckvoller im Spiel. Aber die Piranhas schienen keineswegs wehrlos.
Doch Sekunden nach der Aluminium-Schmuserei war Hannover dann eiskalt. 
Beeindruckend schnell spielten sie die Scheibe über die Bande nach vorne, Trattner traf nach einem fantastischen Querpass zielsicher. 0:1.
Wenig später brauchten die Scorpions nur wenige Sekunden, um im Powerplay das 2:0 nachzulegen. Nein, das war keine kalte Dusche. Das war ein ganzer Sack Eiswürfel, der einem von hinten in die Hose geschüttet wird.
Spannender als das 0:2 war übrigens das Zustandekommen der Strafe. Christian Paul-Mercier war knapp am gegnerischen Gehäuse vorbei gefahren und hatte dabei den Goalie marginal touchiert. Dieser nahm den Kontakt dankbar an und zeigte sein dramaturgisches Talent. Ein sichtlich verdatterter Mercy bekam zwei Minuten wegen Behinderung. Eine komische wie clevere Aktion des Hannoveraner Goalies.
Das 2. Drittel:
Ganze 30 Sekunden waren gespielt, als Hannover auf 3:0 davon zog. Das Ärgerliche an diesem Tor: Eigentlich hatten die Piranhas die Situation schon geklärt. Doch Pascal Aquin stibitzte sich die Scheibe und legte diese perfekt für McPherson vor. In knapp viereinhalb Minuten schien das Spiel entschieden – aus einem intensiven, etwas glücklichen 0:0 war ein 0:3 geworden.
Doch auch wenn die Rostocker Jungs zu Fehler machten (oder zu ihnen gezwungen wurden) – die Moral stimmte erneut. Kaum vom 0:3 geschockt, spielten sich nun die Piranhas weitere großartige Chancen heraus. Einmal waren Verteidigung und Torwart Kuhn schon ausgespielt, als ein Piranha am leeren Tor scheiterte. Die komplette Halle hatte schon gejubelt, und wandte sich danach schmerzverzerrt in Ungläubigkeit und Stöhnen.
Aber auch dieser Schock wurde verdaut – und durch das 1:3 von Keegan Dansereau wettgemacht. Das Problem: Kurz darauf war es erneut ein Fehler in der Verteidigung, der Hannover das 4:1 quasi auflegte.
Aufgeben?
Immer noch keine Option. Fünf Tage nach seiner epischen Vorlage gegen Tilburg schoss Mercy ein wunderschönes Tor aus beinahe unmöglichem Winkel. Doch der Jubelschrei zum 2:4 erstickte rasch in sorgenvoller Stille.
Eine extrem gefährliche Aktion von Christoph Kabitzky hatte Mercier mit dem Kopf voran Richtung Bande geschickt. Eine Szene, die bittere Erinnerungen an andere Eishockey-Unglücke hochkommen ließ. Mit der 2-Minuten-Strafe war der Hannoveraner nach langer Diskussion milde bedient.
Für die Piranhas ergab sich daraus die große Chance – doch das 3:4 wollte in einem eher harmlosen Powerplay nicht gelingen. Bezeichnend: Wieder führte ein kleiner wie unnötiger Fehler zum 2:5. Hannover fuhr diesen Konter nichtsdestotrotz beachtlich zu Ende.
Das 3. Drittel:
Eine letzte Chance, das Spiel enger zu machen, gab es noch. Doch wieder konnten die Piranhas eine beinahe hundertprozentige Chance nicht verwandeln. Erst hielt Gerald Kuhn famos, dann schrammte ein Schuss von Marius Pöpel haarscharf am Tor vorbei. Das 3:5 – vielleicht hätte es dem Abend noch ein bisschen spannender gemacht. Aber wie das so ist: Hätte der Hund nicht geschissen, hätte er einen Skorpion gefangen. Sagt man ja so.
Die Piranhas bissen trotzdem weiter. Stellten sich im Schlussdrittel endgültig auf eine extrem nickelige und robuste Mannschaft ein. Aber auch weitere Chancen verendeten an einem Körperteil von Gerald Kuhn.
Das 2:6 war der bezeichnende Abschluss eines trotz sportlicher Unterlegenheit unglücklichen Abends. Erst verloren die Piranhas im eigenen Powerplay die Scheibenkontrolle. Dann reichte selbst ein Beinstellen nicht aus, um Dylan Wruck aufzuhalten.
Der Notizzettel:
Die Hannover Scorpions sind eine verdammt gute Eishockey-Mannschaft. Gestern liefen quasi drei Erste-Reihen auf, die Pucksicherheit war schlicht beeindruckend. Dazu das Tempo und besonders auffällig: Fast jeder Puck, der über die Bande gespielt wurde, kam beim Mitspieler an. Es grenzte fast an Zauberei, wie die Scorpions die Scheiben aus der Luft angelten und direkt weiterverarbeiteten. Oder wie ein Fan sagte: Das war – ehrlicherweise nur auf den Sport bezogen – der mit Abstand beste Gegner in der Schillingallee.
Ja, die Piranhas ließen zu viele Chancen ungenutzt. Sie machten zu viele Fehler. Aber: Diese Piranhas rissen sich wieder die letzte Gräte für die Fans aus. Besonders in doppelter Unterzahl zeigten sie den Kampfgeist dieser Mannschaft. Egal, wie es steht, egal, wie gut der Gegner ist: Dieses Team opfert sich auf.
Apropos Mumm. Gleich mehrere Spieler bissen sich gestern für Rostock durch. Oskar Siradze erlitt früh im Spiel nach einem hohen Stock eine klaffende Wunde an der Lippe. Christian Paul-Mercier kämpfte sich trotz der Verletzung nach der rustikalen Kabitzky-Aktion bis zum Ende durch. Tousi, der durch seinen Block für eine mehrmalige Eisreinigung sorgte, kam nach der gestillten Blutung wieder aufs Eis.
Und klar: Ohne ruppiges Techtelmechtel konnte dieses emotionale Spiel nicht zu Ende gehen.
Big Mike kann verdammt hart und FAIR checken.
Die letzten Ergebnisse waren bitter. Umso wichtiger, dass dieses Team die leeren Selbstvertrauen-Batterien schleunigst auflädt. Morgen gehts nach Duisburg, am Freitag nach Herford. Wenn die Mannschaft die zahlreichen Chancen in Tore umwandelt und den Kampfgeist beibehält, könnte das Ende der Durststrecke nahen. Auch gegen die Scorpions zeigte dieses Team, wie gut und mutig sie Eishockey spielen kann.
Danke an alle Fans für einen aufreibenden Eishockey-Abend. Egal, ob sie aus Rostock oder Hannover kamen!
Gemeinsam #bissigfürrostock